Samstag, 5. November 2011

9068097.jpg
Ich will Alltagsaugenblickaufnahmen aufschreiben. Magiemomente, die uns sonst nicht als wertvoll genug in Erinnerung bleiben. Darüber schreiben, welche Geschmacksgemälde die ersten Erdbeeren des Sommers malen. Wie Wellen sich nach Zähneklappern anhören, wenn sie durch die Muschelschalen fließen. Wie es riecht, sich in ein frischbezogenes Bett zu kuscheln. Wie die Nacht mit fernem Autobahnrauschen nach Atmen klingt und wie der Mond über zitternden Ziegelsteindächern singt. Wie die Sonne Fingerabdrücke auf Glasscheiben aufdeckt und ein Gebirge Schneepfoten nach dem Himmel ausstreckt. Wie dampfende Teetassen Geschichten an die kalten Scheiben schreiben und wie warme Scheinwerfer die Schattengespenster von den Straßen vertreiben. Für mich bleibt der Tau stehen an manchen Tagen. Ich hab gesehen, wie sich leuchtende Straßenlaternen in den Augen spiegeln, und wie auf den Gehwegen ungeträumte Träume liegen. Wer schaut den Mond denn noch genauer an? Ist denn die Welt weniger unerklärlich als früher? Oder sind wir bloß blinder und tauber oder seltener leise? Geh doch mal raus, ess vom Lagneseeishimmel und pflück dir Wattewolken. Haben wir den ganzen Zauberstaub schon aufgebraucht? Sind denn schon alle stillen Gedankenwerke erkundet? Vielleicht wird einfach viel zu schnell gelebt, um Magie zu bemerken. Hat der Nachthimmel vielleicht an Glanz verloren? Für mich ist er immer noch sternhagelweit. Es sind die Dinge im Kleinen, die wie Tütenwunder in zwei Minuten Phantasiefertig sind. Dinge wie flatternde Papierstücke im Wind, das Gefühl von Raufasertapeten, wenn man an der Wand entlang streicht. Sturmtropfen, die den Himmel zerteilen und Molltöne pfeifen. Für mich beginnt jeder Tag in einer Mikrokosmosmärchenwelt. Nur weil vor meinem Fenster keine Pyramide steht, kein Niagarafall fällt, heißt das nicht, dass es auf meiner Tageskarte keine Weltwunder gibt. Ich nehm die übrig gebliebenen Magie-Legosteine, die jeder sonst nur so beiseite schiebt, und bau mir ein Umfeld aus Miniwundern mit Alltagstauglichkeit. Wo Träume leben lernen und ich weiß, Phrasenphantasie kann den Himmel um Wolkenworte vermehren. Deshalb kann ich auch von zwergenkleinen zauberhaften Zeitpunkten zehren. Es ist einfach nur eine Frage des Blickwinkels. Tausend mal angeschaut heißt eben nicht altvertraut und ausgelaugt. Vielleicht muss man, um Neues in Altem zu sehen, sich in häusergrauen Mauern ein Horizontlicht vorstellen. Es gibt immer noch bezaubernde Wege auf Sternschrittaleen. Das einzige Problem ist, wir müssen sie auch sehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Follower

Blog --> Eiinmaliiq__